Der verfassungsrechtliche Aspekt

Aspekte für eine Wissenschaft von der
»dreistufigen Volksgesetzgebung«

Erläuterungen zur Petitionsinitiative »1989 – 2009«

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I.

Der verfassungsrechtliche Aspekt

1.

Der 30. Juni 2009 könnte zum Wendepunkt in der Kardinalfrage
– 
 
der »Gretchenfrage«
des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland werden.

Geradezu als Teil der Staatsraison wird hierzulande
von Anfang an, also seit ihrer Gründung am 23. Mai 1949,
gebetsmühlenartig die Behauptung zelebriert,
ihre Staatsordnung sei diejenige einer parlamentarischen Demokratie.

2.

Diesem Dogma widerspricht immanent das Urteil
des Bundesverfassungsgerichts zu den deutschen Begleitgesetzen
zum Lissabon-Vertrag der Europäischen Union wie im Nebenbei.
Hier heißt es nämlich im Absatz 211:
»Das Recht der Bürger, in Freiheit und Gleichheit
durch Wahlen und Abstimmungen
die öffentliche Gewalt personell und sachlich zu bestimmen,
ist der elementare Bestandteil des Demokratieprinzips.«

Das Gericht verankert dieses Prinzip sogar im umfassendsten
individuellen Grundrecht der Verfassung, nämlich im Art. 1
des Grundgesetzes, indem es fortfährt:
»Der Anspruch auf freie und gleiche Teilhabe an der öffentlichen
Gewalt ist in der Würde des Menschen verankert
[Art. 1 Abs. 1 GG].
Er gehört zu den durch Art. 20 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung
mit Art. 79 Abs. 3 GG als unveränderbar festgelegten
Grundsätzen des deutschen Verfassungsrechts.«

3.

Daraus folgt, was von einer Minderheit unter den Staats- und
Verfassungsrechtlern und vor allem seit 1984 von den Trägern
der Petitionsgemeinschaft zur Einführung der »dreistufigen
Volksgesetzgebung« in mehreren an den Deutschen Bundestag
gerichteten Petitionen begründet dargetan worden ist, dass
die Staatsordnung der BRD keine nur-parlamentarische,
vielmehr eine komplementär-partizipatorische Demokratie ist,
bei der sich im Wahl- und Abstimmungsrecht des Volkes
die parlamentarische Gesetzgebung einerseits und die
Volksgesetzgebung andererseits zu ergänzen haben.

Entgegen dieser elementaren Bestimmung, die das
Grundgesetz von Anfang an festgelegt hat, ist es daher
fortgesetzter Verfassungsbruch,
wenn das Parlament in
mittlerweile mehr als 60 Jahren nicht nur untätig geblieben ist,
dem Souverän, der Rechtsgemeinschaft der bundesdeutschen
Bürgerinnen und Bürger, das Abstimmungsrecht des Volkes
verfügbar zu machen, sondern sich seit 1984 sogar mehrfach
mehrheitlich geweigert hat, entsprechenden Forderungen,
die ihm aus der Zivilgesellschaft von überparteilichen Initiativen
von Jahr zu Jahr vorgelegt wurden, zu entsprechen.
Damit muss jetzt Schluss sein!

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