Die Gretchenfrage

Die »Gretchenfrage«

Sie ist die Frage wahlberechtigter Bürgerinnen und Bürger [citoyennes / citoyens]
an die Mitglieder des 17. Deutschen Bundestages wie sie es halten mit dem
Souveränitätsrecht der Bürgerschaft der Bundesrepublik Deutschland.

Dieses elementarste demokratische kollektive Grundrecht wird im
Grundgesetz gemäß Artikel 20 Absatz 2 in den Sätzen festgestellt:
»Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen
und Abstimmungen [und durch besondere Organe der Gesetzgebung,
der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung] ausgeübt.«

Die »Gretchenfrage« als die entscheidende Frage zu einem Sachverhalt
bezieht sich hier auf die Tatsache, dass dieser Souveränitätsbegriff
des Grundgesetzes auch 60 Jahre nach dessen Inkrafttreten am 23. Mai
1949 in der Lebenswirklichkeit unseres Gemeinwesens vom Souverän,
der Rechtsgemeinschaft, noch immer nur zur Hälfte ausgeübt werden
kann, weil sich die parlamentarische Legislative trotz zahlreicher
Petitionen aus der Bürgerschaft in den letzten Jahrzehnten bisher strikt
geweigert hat, auch das Abstimmungsrecht des Volkes normativ zu
regeln, damit der Souverän die entsprechenden Initiativen ergreifen
und Begehren einleiten kann.

Zuletzt hat an dieses Verfassungsgebot – in einem Urteil vom 30. Juni
2009 – auch das Bundesverfassungsgericht erinnert, als es feststellte:
»Es ist das Recht der Bürger in Freiheit und Gleichheit durch Wahlen
und Abstimmungen
die öffentliche Gewalt personell und sachlich zu
bestimmen.« Dies sei »der elementare Bestandteil des Demokratieprinzips.«

Diese Bedingung für eine demokratische Grundordnung auf der Höhe der
Zeit jetzt endlich nach 60 Jahren zu verwirklichen, ist das Ziel dieser
Aktion in Gestalt einer erneuten
Petition an den Deutschen Bundestag.
Dem Anliegen zu folgen, steht nicht im Belieben des Parlamentes. Nach
der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Rechtslogik [s. o.]
handelt es sich um ein normatives Verfassungsgebot.

Die Petitionsinitiative 1989 [»Wir sind das Volk«!] – 2009
hat das Projekt so eingerichtet, dass alle mündigen Bürgerinnen und Bürger
es mit ihrer Willensbekundung unterstützen können, um diese Forderung
mit möglichst viel Nachdruck zu erheben. Die »Gretchenfrage« ist die
Kardinalfrage für die Zukunft der Demokratie in Deutschland.

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Zum Titelbild: Szene aus Johann Wolfgang von Goethes »Faust. Eine Tragödie«, 1808.
Gretchen stellt an Faust die Frage: »Wie hast du’s mit der Religion?« Das war für sie
die Vertrauensfrage, um zu erfahren, was für ein Mensch Faust ist.
Seither gilt die in einer Sache gewichtigste Frage als »die Gretchenfrage«.
Titelbild:
»Faust und Gretchen im Garten«, James Tissot 1861